Von der Vision zum Unternehmensleitbild

Von der Vision zum Unternehmensleitbild

3. September 2019 Integrale KATA 0
Integrale Unternehmensphilosophie

Bei einem Startup ist es zu Beginn nur eine Idee, in einem etablierten Unternehmen etwas, dass sich tief in der DNA des Unternehmens festgesetzt hat. Und unabhängig davon, an welcher Stelle im Lebenszyklus eines Unternehmens Sie sich gerade befinden, es macht immer Sinn sich Zeit zu nehmen für die Unternehmensphilosophie oder das Unternehmensleitbild, um zu Beginn Weichen richtig zu stellen oder durch eine Inventur nicht mehr benötigte Aspekte zu archivieren und durch zukunftsfähige zu ersetzen.

Im Handlungsleitfaden vermittle ich Ihnen unseren wirksamen Vorgehensweise, wie Sie zu einem Integralen Unternehmensleitbild gelangen können. Interessieren Sie sich für die Grundlagen? Dann werfen Sie doch zuerst einen Blick auf den ersten Teil der Artikelserie.

Innerhalb des Leibildes können der Ausgangszustand und eine Vision formuliert werden, ein Entwicklungspfad entsteht. Innerhalb des Leitbildes lässt sich die Beziehung zu Stakeholdern beschreiben und gestalten. Es hilft bei der Erkenntnis über Hindernisse und Blockaden und ermöglicht dadurch eine gezielte Bearbeitung, selbst bei Aspekten wie Kultur und Haltung, welche sich in herkömmlichen Ansätzen typischerweise kaum aktiv bearbeiten lassen.

Sie sagen, dass geht nicht? Dann lade ich Sie ein sich mit mir auf eine kleine Reise zu machen, wie wir mit Ihnen Ihr Integrales Unternehmensleitbild entwickeln.

In Stufen zum Integralen Leitbild

In drei Schritten zum Integralen Unternehmensleitbild

Prozess Leitbild

Wie gut am Ende das Leitbild Ihr Unternehmen beschreibt und eine Weiterentwicklung ermöglicht, hängt zu aller erst davon ab, wen Sie bei der Entwicklung integrieren. Die Bandbreite reicht von einem Familien- oder Managementteam über eine gezielte Auswahl von Menschen aus unterschiedlichen Ebenen und Rollen bis hin zu einem offenen einladungsbasierten Ansatz, welcher an alle Beschäftigten ausgesprochen wird.

Wir passen unseren Ansatz auf den jeweiligen Kreis an. Im folgenden beschreibe ich die häufigste Vorgehensweise für ein Managementteam.

Die erste Schritt – Aspekte oder Überschriften finden

Im ersten Schritt gilt es Aspekte zu sammeln, welche für die Vision relevant und möglichst vollständig sind. Natürlich könnten wir als Berater mit einer Maximalliste an Elementen einsteigen, als Coaches beginnen wir lieber mit einem leeren Blatt Papier, um von Anfang an die Sprache im Projektteam aufzunehmen. „Was heißt Freiraum für Dich in diesem Kontext?“ kann eine der Fragen sein, die notwendig sind, um ein gemeinsames Verständnis und eine gemeinsame Sprache zu entwickeln. Außerdem beschäftigt sich das Projektteam dadurch zuerst mit den Themen, die Ihnen wirklich wichtig sind.

Ein iterativer Ansatz ist der effizienteste Weg in Richtung Perfektion.

Unterstützt durch die passende Kreativmethode sammelt das Team die Aspekte, welche für jeden individuell wichtig sind. Nach einem kurzen Impuls zu den integrale Quadranten werden die Aspekte auf der Bodenfläche in die Quadranten eingruppiert.

Ähnliche Ergebnisse werden durch die Teilnehmer gruppiert und einer der Begriffe als Name für den Aspekt festgelegt. Jeder Aspekt entspricht einer zukünftigen Entwicklungslinie, auf welcher es einen aktuellen Zustand und in Folge auch Vision und Entwicklungsziele gibt.

Führungsverständnis, Arbeitsatmosphäre, Innovationskultur, Freiraum, Kommunikationsstil, Grundhaltung, Digitale Prozesskette, Wertschöpfungsprozess, LEAN Management,…können mögliche Ergebnisse sein, bei welchem Sie beim Aspekt Freiraum sicherlich erkennen, wie wichtig es ist, dass das Team sich darüber austauscht, was hinter dem Begriff steht. Was fällt Ihnen spontan ein, was dort in Ihrem Unternehmen nicht fehlen dürfte?

Das Leitbild Projekt lebt von den beteiligten Menschen.

In kurzen Aufstellungen auf der Fläche erfahren die Teilnehmer anschließend die individuelle Wirkung der Aspekte auf das eigene Denken und Fühlen und erkennen dadurch blinde Flecken – also Bereiche, in welchen weitere Aspekte fehlen. Es wird auch erkannt welche Aspekte gesplittet werden müssen, da Sie sowohl sichtbare als auch unsichtbare Bestandteile enthalten. Beispielhaft sei hier die Trennung von LEAN Management in LEAN Methoden im rechten unteren Quadranten und LEAN Philosophie in den linken unteren Quadranten erwähnt.

Bei Bedarf arbeiten wir an dieser Stelle je nach Kundenauftrag auch co-kreativ oder hinterfragen neutral die bislang erarbeiteten Aspekte, um weitere blinde Flecken zu beseitigen.

Experten-Tipp: Im Projekt starten wir gerne mit einer Sequenz zu Werten. Das geht von der Entwicklung einer Wertepyramide mit Wertekarten, über eine Visualisierung in einer Wertematrix bis zu einer Wertesammlung über BSW. Die Ergebnisse können im weiteren Prozess eingesetzt werden, der eigentliche Sinn dieser Sequenz ist allerdings die Teilnehmer aus der Gedankenwelt des Tagesgeschäftes herauszuholen und die kreative linke Gehirnhälfte zu aktivieren.

Im Laufe eines Projektes und auch später kommt es immer wieder dazu, dass einem Team auffällt, dass noch etwas fehlt. Dann springt es wieder in diesen ersten Schritt und erweitert so das bisherige Ergebnis kontinuierlich.

Die zweite Schritt – in Stufen zur großen, attraktiven Vision

Im Laufe der Visionserarbeitung werden nun alle Aspekte bearbeitet. Je nach Projektauftrag erfolgt das mit unserer Begleitung, oder wir moderieren die ersten Aspekte, alle weiteren erarbeitet das Team nachgelagert nach der gleichen Handlungsroutine. In der Realität zeigt sich oft, dass der Kunde bei einer Begleitung durch uns am Ende deutlich schneller fertig ist und in Summe weniger Zeit eingesetzt hat, da geistige Rüstzeiten entfallen sind. Aber beide Ansätze sind valide und führen zu guten Ergebnissen.

Die Entwicklung der Vision erfolgt anschließend in mindestens drei Kleingruppen mit maximal 3 Personen. Die gesammelten Aspekte können vorab priorisiert werden, wir führen typischerweise eine Skalierung durch, aber auch die freien Auswahl durch die Gruppe funktioniert gut.

Stufen Visionsprozess

Jedes Team wählt den ersten Aspekt aus und erarbeitet in 10 Minuten den aktuellen Zustand in wenigen Sätzen und optional, ob es bereits bekannte Hindernisse oder Katalysatoren für Veränderung gibt. In weiteren 10 Minuten wird dann die erste Stufe der Vision für diesen Aspekt entwickelt.

Anschließend rotieren die Gruppen die Themen. Sie sichten die Ergebnisse der vorherigen Gruppe und vergrößern in 10 Minuten die Vision, in dem Sie die Frage beantworten „Wenn wir das erreicht haben, dann erreichen wir auch…?“ Diese neue Stufe wird wieder dokumentiert und dann erneut rotiert. Typischerweise gibt es in der dritten Stufe bereits eine sehr große Vision.

Anschließend, oder wenn eine Gruppe feststellt, dass Sie die vorherige Stufe nicht größer machen kann, hilft es die Fragestellung zu verändern in „Wenn wir das erreicht haben, welche positiven Auswirkungen hat das auf unsere Kunden? …unsere Mitarbeiter? …den Unternehmenserfolg?“ Auch diese Frage wird wieder in 10 Minuten bearbeitet. Am Ende nimmt sich die gesamte Gruppe 10 Minuten Zeit die Ergebnisse durchzugehen und die eigene Leistung zu würdigen.

Innerhalb einer Stunde lassen sich damit für so viele Aspekte Visionen entwickeln, wie sie vorher Kleingruppen gebildet haben. Spätestens nach zwei ausgearbeiteten Aspekten empfiehlt sich eine Pause und eine neue Gruppenbildung.

Hier ein mögliches Ergebnis nach diesem Schritt für den Aspekt Führungsverständnis:

  • IST: Die Führungskraft stellt die Erreichung der Unternehmensziele sicher.
  • Katalysator: Umfassendes Führungskräftetraining auf den Managementebenen 1 und 2 sind durchgeführt. Dadurch auch gute Beziehung zwischen den Führungskräften.
  • Stufe 1: Mitarbeiter verstehen die Führungsziele und unterstützen die Führungskraft bei der Zielerreichung. Relevante Qualifikationen werden bis hinunter auf Sachbearbeiter-Ebene vermittelt.
  • Stufe 2: Mitarbeiter und Führungskraft führen sich gegenseitig. Die Problemlösungskompetenz wird kontinuierlich gesteigert, auf Command & Control kann verzichtet werden.
  • Stufe 3: Formale Hierarchien sind nicht weiter notwendig. Notwendige Führung wird situativ und zeitlich begrenzt durch die für das Thema qualifizierteste Person übernommen.

Dieses Beispiel führt auch schnell vor Augen, dass eine solche Entwicklung nicht losgelöst von anderen Aspekten realisiert werden kann. Zum Erreichen der Stufe 3 muss sich das Unternehmen sicherlich mit Entscheidungsverhalten, Transparenz, Entlohnung,…beschäftigen. Auch die Bereitschaft der Beschäftigten diese Verantwortung zu übernehmen entsteht nicht einfach so.

Alternative 1: Geht es nur um die Erarbeitung einer IST Situation kann unser ausgefülltes Modell genutzt und eine Verortung durchgeführt werden, wie im Leitfaden Integrales Kompetenzmodell beschrieben.
Alternative 2: Wenn der Prozess nicht auf Unternehmensebene, sondern innerhalb eines Fachbereichs durchgeführt wird, z.B. um eine IT oder Fertigungsvision zu entwickeln, dann kann am Ende der Ausgestaltung der Aspekte abgebrochen werden. Der dritte Schritt die Ergebnisse in die Werteebenen zu überführen entfällt dann.

Der dritte Schritt – das Integrale Unternehmensleitbild entwickeln

Sind die ersten beiden Schritte prinzipiell auch ohne Coach durchführbar, ist dies für die Überleitung in das Integrale Unternehmensleitbild nicht zu empfehlen. Im begleiteten Projekt wird im Unternehmen das notwendige Verständnis und Wissen aufgebaut, damit das Unternehmensteam in Zukunft auch in der Lage ist weitere Aspekte selbstständig zu integrieren.

Zuerst werden die Ausgangslage und die größte visionäre Ausprägung in die Entwicklungsebenenintegriert. Für obiges Beispiel erarbeitet das Team, dass die Ausgangslage an den Übergang von blau nach orange verortet werden soll. Sicherheit und Ordnung sind aktuell zentrale Werte des Führungsverständnisses. Die höchste Ausprägung der Vision soll weit in die grüne Ebene verortet werden. Der zentraler Wert Verbundenheit unterstützt hier die Visionerreichung. Bereits in diesem Schritt wird dem Team klar, dass keine der Ebenen wichtiger oder besser ist als die andere, eine wichtige Erkenntnis für den weiteren Prozess. Es geht darum eine Ausprägung zu entwickeln, welche sowohl für die Beschäftigten, Führungskräfte und Unternehmer als auch für Kunden attraktiv ist.

Anschließend werden alle Aspekte in einzelnen Workshops auf jeder Ebene bearbeitet und Leitsätze formuliert die erwünschte gesunde Ausprägung, sowie die nicht erwünschte negative Ausprägung des Aspektes beinhalten. Auch hier wieder am bisherigen Beispiel verdeutlicht.

  • Rote Ebene (Kernwert Macht): Führung heißt für uns kraftvoll für die eigene Meinung einzustehen, ohne dabei anderen den Raum zu nehmen, Ihre Meinung zu vertreten.
  • Blaue Ebene (Kernwert Sicherheit): Führung heißt für uns einen sicheren Raum für Bedürfnisse und Ängste der uns anvertrauten Beschäftigten zu schaffen, ohne diese durch zu viele Regeln in Ihrer Entwicklung einzuschränken.
  • Orange Ebene (Kernwert Erfolg): Führung heißt für uns im Team immer nach der besten Lösung zu streben, ohne in Perfektion zu verfallen.

Immer wieder kommt es innerhalb dieses Schrittes zu Diskussionen, dass eine Aussage als nicht erreichbar angesehen wird oder sich das Team nicht vorstellen kann, was der passende Leitsatz auf einer Ebene ist. Hier sind von uns als Coach Fingerspitzengefühl und Flexibilität gefordert. Manchmal langt es einfach, eine Nacht darüber zu schlafen. Manchmal geht es mit Hausaufgaben weiter, zum Beispiel bis zum nächsten Termin den Aspekt in Triaden zu diskutieren. Und manchmal macht es Sinn eine Ebene einfach nicht auszuformulieren.

Auch etwas, das die Beteiligten schnell verstehen: Gesunde Unternehmensentwicklung benötigt Zeit und Experimente, da Veränderung Auswirkung in vielen Aspekten hat und nicht immer vorhergesagt werden kann, welche Auswirkung eine größere Veränderung, zum Beispiel im Entscheidungverhalten, auf die anderen Aspekte hat.

Am Ende des Prozesses stehen dann das Integrale Unternehmensleitbild mit definiertem Startpunkt (IST) und die Vision auf Aspektebene mit den zugehörigen Leitsätzen. Startpunkt und Leitsätze sind auch im Integralen Kompetenzmodell visualisiert. So sind die Abhängigkeiten zwischen den Aspekten transparent und können von allen nachvollzogen und auch einfach an neue Kollegen*innen vermittelt werden.

Eccelscihtweise des Integralen Leitbildes

Die Dokumentation des Leitbildes kann entweder im Modell oder über eine tabellarische Darstellung erfolgen, das ist letztendlich Geschmackssache. Ebenso, wieviel Zeit das Team in das Feintuning der Formulierungen steckt. Für den internen Gebrauch halten wir es gerne mit dem Satz

„Good enough for now and safe enough to try.“

Dieser aus der Soziokratie entlehnte Satz hilft dabei nicht in Perfektion zu verfallen, sondern lieber ein Ergebnis in der Praxis einzusetzen und dort weitere Zeit zu investieren, wo Aussagen nicht klar oder zweideutig interpretiert werden.

Experten-Tipp: Auch bei Leitbildentwicklung gibt es kein Best-Practice. Je nach Ausgangssituationhaben verschiedene Ansätze aber geringere Widerstände in der Umsetzung:
Schwerpunkt rot: Top-Down Enges Management Team
Schwerpunkt blau: Top-Down Erweitertes Management Team
Schwerpunkt orange: Bottom-up mit hierarchieübergreifendem Team
Schwerpunkt grün: Open Space Ansatz mit allen interessierten Beschäftigten
Schwerpunkt gelb/türkis: Integration weiterer externer Interessengruppen Kunden, Partner,…

Gerne tauschen wir uns mit Ihnen darüber aus, wie Integrale Unternehmensentwicklung Ihr Unternehmen befähigen kann mit steigender Komplexität umzugehen. Wir freuen uns auf den Dialog mit Ihnen.

Photo by Samuel Zeller on Unsplash

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